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Quantenbewusstsein

Im Wesentlichen beschreibt Quantenphysik die Welt des Kleinsten, also die Welt der molekularen Ebene. Hier gelten Gesetze, die schwer vorstellbar sind und die sich doch in funktionierende Technologien übersetzen lassen. In der Welt der Quanten können Dinge gleichzeitig zwei verschiedene Dinge an verschiedenen Orten sein (Superposition) und sich plötzlich auf der anderen Seite von Hürden befinden (Tunneleffekt). Vor allem aber sind Objekte gleichzeitig Welle und Teilchen. Die Welle beschreibt, wo sich das Teilchen wahrscheinlich befindet, wenn es gemessen wird, denn erst im Moment der Messung wird eine Entscheidung zwischen den vielen möglichen Zuständen getroffen (Kollaps der Wellenfunktion oder Zustandsreduktion). Die Quantenphysik befasst sich nicht nur mit einzelnen Teilchen, sondern auch mit dem kollektiven Verhalten von Systemen aus vielen Teilchen, die gemeinsam als eine Welle agieren (Quantenkohärenz), egal wie weit die einzelnen Teilchen voneinander entfernt sind (Nicht-Lokalität).
Solange die Elemente einzeln betrachtet werden,
gelten die Quantengesetze nur bei großer Kälte. (Quantencomputer beispielsweise laufen bei -272 Grad). Doch kollektiv scheinen sie auch in höheren Temperaturen zur Anwendung zu kommen, sodass nicht nur Quantenchemie, sondern auch Quantenbiologie möglich erscheint und auch unser Gehirn für Quantenprozesse infrage kommen könnte.
Viele Forscher:innen erkennen in den Quantengesetzen eine große Ähnlichkeit mit unseren Bewusstseinsprozessen, da auch diese nicht-lokal und berechenbar zu sein scheinen, scheinbar unvereinbares gleichzeitig zulassen und über eine andere Zeitqualität verfügen.


Eine mögliche Verortung dieser Quantenprozesse könnten die Microtubuli in unseren Zellen sein. Bewusstsein wäre dann der Moment des Kollapses der Welle in ein Teilchen. Die Orch OR Theorie (Orchestrated Objective Reduction) besagt, dass Bewusstsein auf der Quantenebene in den Neuronen stattfindet und nicht als Produkt zwischen den Neuronen (Penrose & Hameroff). Während diese Theorien in den 90er Jahren von der Wissenschaftsgemeinschaft radikal abgelehnt wurden, gibt es heute vermehrt Forschung zum besseren Verständnis der Microtubuli. Auch der Prozess der Freisetzung der Neurotransmitter in den Synapsen könnte durch die Unbestimmtheitsrelation und den Tunneleffekt gelenkt werden und eine Teilerklärung für den freien Willen geben (Beck & Eckles).


Insgesamt gibt es im Moment viel Forschung zu der Frage, ob Quantenprozesse nicht doch auch unter unseren Lebensbedingungen bei Raum- oder Körpertemperatur stattfinden, beispielsweise auch in der Photosynthese bei Pflanzen oder in den Prozessen unseres Gehirns. Bisher wird zumeist davon ausgegangen, dass Kohärenz unter den Bedingungen unserer Biologie nicht gehalten werden kann. Sollte dies jedoch widerlegt werden, dann bildet ein Quantenbewusstsein eine Antwort auf viele der offenen Bewusstseinsfragen, wie die bewusste Erfahrung, das Selbst-Bewusstsein, die Transition ins Bewusste, der freie Wille als intuitiver und nicht algorithmischer Prozess, subjektives Zeitempfinden sowie Nicht-Lokalität.


Buchempfehlung: „Schatten des Geistes: Wege zu einer neuen Physik des Bewußtseins“ von Nobelpreisträger Roger Penrose, in dem er die Orch OR Theorie erklärt und sich für eine neue, nichtalgorithmischen Physik ausspricht.


Quelle: Hameroff, Steward; Craddock, Travis; Tuszynski, Jack (2014). Quantum effects in the understanding of consciousness. Journal of integrative neuroscience, 13(02), 229-252.

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